Eine Hochzeit zwischen den Neurowissenschafte und der Ökonomie

Wirtschaft

Während ihrer Zeit in London begann Tania Singer mit Wirtschaftswissenschaftlern zusammenzuarbeiten, um die Grundlagen menschlicher Kooperation besser zu verstehen. Später, in Zürich, hatte sie dann den ersten neuroökonomischen Lehrstuhl an der Universität von Zürich inne. Zurück in Deutschland, rief sie zusammen mit dem Makroökonomen Dennis Snower ein Forschungsprojekt über „Caring Economics“ ins Leben, in dem sie untersuchen, wie Erkenntnisse aus der Psychologie und den Neurowissenschaften die veraltete Vorstellung vom „Homo Oeconomicus“ ersetzen und als Inspiration für neue ökonomische Modelle dienen können.

 

FemmeQ Summit, London, 2018

“Man naturally desires, not only to be loved, but to be lovely.”

Adam Smith, The Theory of Moral Sentiments.

PROFESSORIN in den WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN

Ein neues Fach entsteht: Neuroökonomie

Von 2006 bis 2010 arbeitete Tania Singer an der Universität Zürich in der Schweiz. Dort baute sie zusammen mit Wissenschaftler*innen aus der Verhaltensökonomie, den Neurowissenschaften und der Psychologie ein interdisziplinäres Zentrum zur Erforschung von menschlichem Sozialverhalten und Kooperation auf. Es war auch die Zeit, in der das neue Forschungsgebiet der Neuroökonomie entstand.

Folgende Fragen sollten in diesem interdisziplinären Forschungsprogramm untersucht werden: Was sind die Bedingungen, die menschliche Zusammenarbeit fördern? Wann bricht Kooperation zusammen ? Was fördert menschliches prosoziales Verhalten und Altruismus? Was sind die neuronalen Mechanismen von ökonomischen Entscheidungen und sozialer Interaktion? Welche Rolle spielen menschliche Motivation und Emotionen bei der Entscheidungsfindung?

Tania Singer schloss sich 2006 dem interdisziplinären Forschungsschwerpunkt „Grundlagen menschlichen Sozialverhaltens“ der Universität Zürich an, der vom Verhaltensökonomen Ernst Fehr in Zürich gegründet wurde. Von 2006 bis 2008 war sie Assistenzprofessorin für Soziale Neurowissenschaften und Neuroökonomie an der Universität Zürich. 2007 gründete sie als Kodirektorin das Labor für Soziale und Neuronale Systeme und erhielt ab 2008 den Gründungslehrstuhl für Soziale Neurowissenschaften und Neuroökonomie an der Universität Zürich. Dies war die erste Professur für Neuroökonomie in Europa und sie war an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Zürich eingebettet. Daher hielt Tania auch die ersten Vorlesungen über die neuronalen Grundlagen ökonomischer Entscheidungsfindung vor Studierenden der Wirtschaftswissenschaften, die sehr an den neuen Erkenntnisse aus einer anderen Disziplin interessiert waren.

Ziel dieser multidisziplinären Forschungsgruppe war es, ein besseres Verständnis für die Bedingungen menschlicher Prosozialität und Zusammenarbeit zu gewinnen.

Um die Prinzipien und Mechanismen für soziale und wirtschaftliche Entscheidungsfindung empirisch untersuchen zu können, kombinierten Tania Singer und ihre Kolleg*innen Methoden aus der Neurowissenschaft, der Psychologie und der experimentellen Verhaltensökonomie und verwendeten spieltheoretische Forschungsparadigmen, die in der Mikroökonomie entwickelt wurden. Bei diesen Versuchen tauschen mehrere Spieler während eines Spiels Geld aus. Der Vorteil dieser monetären, sozialen Interaktionsspiele besteht darin, dass sie auch während eines Hirnscans durchgeführt werden können. So kann die neuronale Basis von menschlicher Kooperation und prosozialem Verhalten quantifiziert und untersucht werden.

Tania Singer und Ernst Fehr, 2010, Zürich; @Manuel Bauer Agentur Fokus

DER DALAI LAMA IN DER BANKENSTADT ZÜRICH, 2010

Altruismus und Mitgefühl in der Wirtschaft

Inspiriert durch die Zusammenarbeit mit Ökonomen wie Ernst Fehr (siehe Bild links) in Zürich, organisierte Tania Singer zusammen mit dem buddhistischen Mönch Matthieu Ricard eine Mind and Life Konferenz dazu, wie Altruismus und Mitgefühl in Ökonomie und Wirtschaftstheorien integriert werden könnten. Dieser dreitägige Dialog mit Seiner Heiligkeit dem Dalai Lama und Wissenschaftler*innen unterschiedlicher Hintergründe, Ökonom*innen und Sozialaktivist*innen wurde 2014 im Buch „Mitgefühl in Wirtschaft“ festgehalten. Auf der Seite Kontemplative Wissenschaft ist mehr über diese Konferenz und das Mind and Life Institut im Allgemeinen zu finden.

Dennis und Tania bei ihrer Zusammenarbeit in Berlin

WIE PSYCHOLOGIE UND NEUROWISSENSCHAFT NEUE WIRTSCHAFTSMODELLE informieren

Caring Economics

Seit 2013 arbeitet Tania Singer zusammen mit dem Makroökonomen Dennis Snower, ehemaliger Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft und heute Professor an der Hertie School of Governance in Berlin, an einem Projekt, das sie „Caring Economics“ nennen. Unterstützt wurde das Projekt von 2013 bis 2017 durch einen Grant des Instituts für „New Economic Thinking“.

Das Ziel dieses gemeinsamen Forschungsprojekts ist es, besser zu verstehen, wie psychologische und neurowissenschaftliche Erkenntnisse über menschliche Motivation, Emotionen und soziale Kognition die Modelle ökonomischer Entscheidungsfindung erweitern und verbessern können, so daß globale ökonomischer Probleme besser bewältigt werden können.

Die Möglichkeit, prosoziales Verhalten zu steigern, ist wichtig für die Entwicklung von weltweiter Kooperation zur Bewältigung globaler Probleme wie dem Klimawandel, Finanzkrisen sowie extremer Armut und Ungleichheit. Daher sind diese Erkenntnisse auch für die politische Entscheidungsfindung von hoher Relevanz. Ziel des Projekts ist es, eine neue Generation von Wirtschaftsmodellen zu entwickeln, die Möglichkeiten zu kooperativerem, prosozialen und nachhaltigem wirtschaftlichem Verhalten schaffen und die der Vision einer Fürsorge-Ökonomie dienen.

VORTRÄGE in Davos UND DEM GLOBAL ECONOMIC SYMPOSIUM

Neurowissenschaft trifft auf Wirtschaft

In den letzten Jahrzehnten hat Tania Singer häufig aktiv an großen Wirtschaftstreffen wie dem Weltwirtschaftsforum in Davos, dem Global Economic Symposium oder den OECD-Treffen in Paris teilgenommen.

Ihre Themen in diesen Vorträgen umfassen klassische neuroökonomische sowie verhaltensökonomische Themen, ihr „Caring Economics“ Projekt oder die Rolle von sozialen Emotionen und Kognition bei der Entscheidungsfindung sowie die Bedingungen, unter denen Kooperation entsteht oder scheitert.

VORTRÄGE AUF DEM WELTWIRTSCHAFTSFORUM IN DAVOS

Vortrag 2015

Vortrag 2014