Eine Brücke zwischen SOZIALPSYCHOLOGIE UND NEUROWISSENSCHAFT

Soziale Neuro-wissenschaften

Tania Singer schloß sich um die Jahrhundertwende herum dem gerade entstehenden Feld der sozialen Neurowissenschaften an. Dieses enorm interdisziplinäre Feld möchte verstehen, wie unser Gehirn Sinn aus unserem täglichen, sozialen Miteinander macht. Woher wissen wir, was ein anderer Mensch fühlt, denkt oder zu tun gedenkt? Wie verarbeiten wir Gesichtsausdrücke und Emotionen anderer? Das Ziel dieses interdisziplinären Fachgebiet ist es, die neuronalen, hormonellen und entwicklungsbedingten Grundlagen des menschlichen Sozialverhaltens sowie sozialer Emotionen und Kognition bei gesunden Menschen über die gesamte Lebensspanne hinweg sowie bei Patient*innen zu verstehen.

 

WIE VERSTEHEN WIR EINANDER?

Grundlage des sozialen Gehirns

Wie verstehen wir die Gedanken, Gefühle und Handlungen anderer Menschen? Bei der Untersuchung der neuronalen Netzwerke im Gehirn, die unserer Fähigkeit zum Verständnis sozialer Interaktion zugrunde liegen, unterscheiden wir zwischen einer sozio-emotionalen Route, die für soziale Emotionen wie Empathie und Mitgefühl verantwortlich ist und einer sozio-kognitiven Route, die für die Fähigkeit zur Mentalisierung und Perspektivenübernahme zuständig ist. Diese beiden Routen, die wiederum prosoziales Verhalten und Kooperation bedingen, beruhen auf unterschiedlichen neuronalen Netzwerken im Gehirn.

WIE erLERNEN KINDER soziales Verhalten?

Entwicklung des sozialen Gehirns

Erfolgreiche soziale Interaktion findet nicht bereits von Geburt an statt. Die Fähigkeiten, die es uns ermöglichen, andere besser zu verstehen und kooperativ und fair zu handeln, müssen sich erst langsam in der Kindheit entwickeln. Da die Gehirne von Kindern hochgradig plastisch sind, ist Tania Singer auch an der Durchführung von mentalen Trainingsprogrammen in Schulen interessiert, um die Plastizität der sozialen Fähigkeiten im sich entwickelnden Gehirnen zu untersuchen.

WELCHE SOZIALEN DEFIZITE BESTEHEN BEI PATIENT*INNEN?

Psychopathologie des sozialen Gehirns

Um die Mechanismen zu verstehen, die möglichen Beeinträchtigungen im Sozialverhalten zugrunde liegen, untersucht Tania Singer auch Menschen mit affektiven und sozialen Defiziten, beispielsweise durch eine Autismus-Spektrum-Störung, Alexithymie, narzisstische Persönlichkeitsstörung, Borderline-Persönlichkeitsstörung oder Depression. Das Ziel ist hierbei, ein besseres Verständnis über die Mechanismen zu gewinnen, die die beobachteten sozialen und affektiven Defizite in diesen Patientengruppen erklären können.

WIE KÖNNEN WIR SOZIALE FÄHIGKEITEN TRAINIEREN?

Plastizität des sozialen Gehirns

Das menschliche Gehirn ist plastisch. Daher interessiert Tania Singer auch die Trainierbarkeit sozialer Fähigkeiten wie Einfühlungsvermögen, Mitgefühl und Perspektivenübernahme und die Auswirkung solcher Trainings auf die Plastizität des Gehirns. Inspiriert von Meditationstechniken aus dem Fernosten und westlichen psychologischen Ansätzen, entwickelt sie mentale Trainingsprogramme zur Steigerung von Achtsamkeit, Mitgefühl, geistiger und körperlicher Gesundheit sowie prosozialem Verhalten. In diesem Kontext untersucht sie sowohl Teilnehmer*innen ohne Meditationserfahrung als auch Meditationsexpert*innen wie buddhistische Mönche.

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